30.10.2025 - Ein zentraler Punkt der jüngsten Sitzung des Selber Stadtrats war die Vorstellung und Diskussion des umfangreichen Investitionsfahrplans für die kommenden Haushaltsjahre. Stadtkämmerer Christopher Lang legte eine detaillierte Übersicht der laufenden und geplanten Projekte bis ins Jahr 2029 vor.
Verantwortungsvolles Planen bei herausfordernder Finanzlage
Bereits zu Beginn machte Lang deutlich, dass die Stadtverwaltung eine sorgfältige Priorisierung vorgenommen habe, um Pflichtaufgaben und zukunftsweisende Projekte trotz knapper werdender Mittel sichern zu können. „Wir müssen aufgrund der aktuellen Haushaltslage und der anhaltenden Zinsbelastung davon ausgehen, dass die notwendigen Eigenmittel weitgehend über Kreditaufnahmen finanziert werden müssen“, erklärte der Kämmerer.
Aktuell liegt die Verschuldung der Stadt bei rund 13,3 Millionen Euro, mit einer möglichen Erweiterung des Kreditrahmens um bis zu 2,5 Millionen Euro. Die jährliche Zinslast beträgt derzeit etwa 360.000 Euro, die Tilgungsleistung rund 520.000 Euro.
Ein Grund für die zu erwartende höhere Kreditaufnahme liegt laut Lang in den deutlich verzögerten Auszahlungen von Fördermitteln. Diese könnten sich teils über mehrere Jahre erstrecken, was die Stadt zwangsläufig in Vorfinanzierungen zwinge. Sobald die Zuschüsse einträfen, würden Zwischenfinanzierungen aber zügig getilgt, um die Verschuldung in vertretbarem Rahmen zu halten. Weiterer Punkt seien derzeit deutlich geringere Gewerbesteuereinnahmen.
Laufende Projekte – Fokus auf Pflichtaufgaben und Bildung
Ein Schwerpunkt der aktuellen Investitionstätigkeit liegt auf dem Bereich der Kinderbetreuung.
Zu den laufenden Projekten zählen:
Neubau der Kindertagesstätte Aarauer Straße (Kappel): Sechs Gruppen, davon drei Krippen- und drei Kindergartengruppen mit insgesamt 99 Betreuungsplätzen. Gesamtkosten: 6,15 Mio. €, davon 3,93 Mio. € Fördermittel, Eigenanteil: 2,22 Mio. €. Fertigstellung ist für Oktober 2026 vorgesehen.
Neubau der Kindertagesstätte am Jahn-Sportplatz: Sechsgruppige Einrichtung mit 124 Betreuungsplätzen als Ersatz für provisorische Containerlösungen. Gesamtkosten: 7,13 Mio. €, Fördermittel: 5,0 Mio. €, Eigenanteil: 2,1 Mio. €, Fertigstellung: September 2027.
Lang wies darauf hin, dass durch den Wegfall der Containerbetreuung Einsparungen von jährlich rund 200.000 Euro erzielt werden könnten.
Neubau der Stadtbücherei am Bürgerpark: Eine moderne, barrierefreie Einrichtung mit flexiblen Räumen für Lesungen, Workshops und Kulturformate. Gesamtkosten: 3,45 Mio. €, Förderung: 2,82 Mio. €, Eigenmittel: 630.000 €, Fertigstellung: 2027.
Neubau des Feuerwehrhauses Silberbach: Projektkosten: 2,5 Mio. €, davon 168.000 € Zuschuss, Eigenmittel: 2,33 Mio. €, Fertigstellung: 2027.
Anschaffung mobiler Sicherheitssperren für Großveranstaltungen: Investition: 265.000 €, ausschließlich Eigenmittel.
Alle genannten Maßnahmen werden als kommunale Pflichtaufgaben eingeordnet.
Zukünftige Projekte – strategische Weichenstellung
In den kommenden Jahren sollen weitere, teils große Infrastruktur- und Bildungsprojekte realisiert werden:
Kinderhort und Jugendtreff Hanns-Braun-Straße, Geplanter Neubau mit fünf Gruppen und integriertem Jugendtreff. Gesamtkosten: 7,8 Mio. €, Förderung: 4,68 Mio. €, Eigenmittel: 3,12 Mio. €, Fertigstellung: 2029. Durch den Wegfall von Notgruppen könnten künftig jährlich rund 40.000 € eingespart werden.
Umfeldgestaltung Designstudio: 8Beteiligung der Stadt am Hochschulprojekt, 90 % Förderung, Landkreis übernimmt Vorfinanzierung. Gesamtkosten: 4,02 Mio. €, Förderung: 3,62 Mio. €, Eigenmittel: 401.000 €, Fertigstellung: 2028.
Generalsanierung der VHS Fichtelgebirge: Umfangreiche Modernisierung mit Gesamtkosten von 10,86 Mio. €. Erwartete Förderung: 7,6 Mio. €, Eigenmittel: 3,25 Mio. €, Fertigstellung: 2029.
Generalsanierung Dr.-Franz-Bogner-Schule: Investitionssumme: mindestens 15 Mio. €, Förderanteil rund 12 Mio. €, Eigenmittel 3 Mio. €, Fertigstellung: 2032.
Neugestaltung der Ludwigstraße: Geplantes städtebauliches Schlüsselprojekt zur Belebung der Innenstadt. Voraussichtliche Kosten: 4,7 Mio. €, Förderhöhe noch offen. Ziel ist ein moderner, verkehrsberuhigter Innenstadtbereich mit hoher Aufenthaltsqualität.
Generalsanierung der FFW Hauptwache Selb: Investitionssumme 4,5 Mio. €, Förderanteil 260.000 €, Eigenmittel 4,24 Mio. €, Projektstart / Fertigstellung unbekannt.
Darüber hinaus sind Maßnahmen wie unter anderem der Brückenneubau Hammergut (Eigenmittel 200.000 €), die Errichtung eines Löschwasserbehälters in Längenau (200.000 €), kommunale Förderprogramme (240.000 Mio. €) und der flächendeckende Glasfaserausbau (990.000 Mio. €) Bestandteil der mittelfristigen Finanzplanung.
Gesamtrahmen und Finanzierung
Unter Zugrundelegung der dargestellten Priorisierung ergibt sich für die Stadt Selb bis einschließlich des Haushaltsjahres 2029 eine Gesamtkreditaufnahme in Höhe von 20,3 Mio. Euro.
Oberbürgermeister Pötzsch verwies auf die solide Ausgangsposition: „Selb hat seine Verschuldung in den vergangenen Jahren deutlich reduziert. Das gibt uns heute Spielraum, auch größere Projekte geordnet umzusetzen.“
Diskussion um Prioritäten – Innenstadtentwicklung im Fokus
In der anschließenden Diskussion betonte Oberbürgermeister Ulrich Pötzsch, dass die Stadt nicht nur auf Pflichtaufgaben, sondern auch auf Zukunftsthemen wie Bildung, Infrastruktur und Innenstadtgestaltung setze: „Wir wollen trotz schwieriger Rahmenbedingungen weiter gestalten. Die Kinderbetreuung ist Pflicht, aber Projekte wie die Ludwigstraße oder die Förderung privater Bauvorhaben sind ebenso entscheidend für die Stadtentwicklung.“
Die Fraktion der Aktiven Bürger Selb stellte einen Änderungsantrag, die Projekte Kommunale Förderprogramme sowie Neugestaltung Ludwigstraße mit hoher Priorität in den Haushalt 2026 aufzunehmen. Ziel sei, die Innenstadtentwicklung ohne Zeitverzug voranzubringen. Zudem solle sofort ein Vergabeverfahren zur Beauftragung eines Ingenieurbüros für die Ludwigstraße eingeleitet werden. Der Antrag wurde mit breiter Mehrheit angenommen – nur die Freien Wähler Selb stimmten dagegen.
Die CSU-Fraktion brachte einen Alternativvorschlag ein, die Ausgaben für mobile Sicherheitssperren um ein Drittel zu reduzieren und bei künftigen Großprojekten alternative Finanzierungsmodelle – etwa über Investoren – zu prüfen. Der Antrag wurde nach kurzer Diskussion knapp abgelehnt.
SPD-Fraktionssprecher Walter Wejmelka unterstützte den Antrag zur Ludwigstraße und wies darauf hin, dass die Maßnahme in der Öffentlichkeit hohe Aufmerksamkeit genieße. Er betonte, ein Rückschritt wäre „ein falsches Signal“. Zugleich fragte er nach der Einordnung der VHS-Sanierung zwischen Pflicht- und freiwilliger Aufgabe – eine Frage, die Kämmerer Lang mit einer „Mischform aus beidem“ beantwortete: Erwachsenenbildung sei keine Pflichtaufgabe, habe für Selb aber hohen Stellenwert.
Wolfgang Kreil (CSU) warnte mit Blick auf die unsichere Wirtschaftslage vor zu ehrgeizigen Finanzplänen: „Wir werden froh sein müssen, wenn wir auf Sicht fahren können.“ Gleichwohl sprach auch er sich für die laufenden Pflichtprojekte aus.
Rita Bieschke-Vogel (Grüne) erkundigte sich nach den Fördermöglichkeiten im Bereich der Kinderbetreuung, woraufhin Pötzsch betonte, dass die Stadt sämtliche einschlägigen Förderprogramme ausschöpfe – vom Bayerischen Kinderbetreuungsgesetz bis hin zu Programmen des Bundes.
Roland Schneider (Freie Wähler) schlug vor, die Entscheidung zur Ludwigstraße zu vertagen, bis der Bescheid über die Stabilisierungshilfe eingetroffen sei. Gleichwohl unterstützte er die übrige Priorisierung der Verwaltung.
Mehrheit für Fahrplan
Nach Abschluss der Diskussion stimmte der Stadtrat mehrheitlich dem Investitionsfahrplan zu. Nur Volker Seitz (SPD) votierte dagegen. Damit kann die Verwaltung die Planung des Haushalts 2026 fortführen.

