30.10.2025 - Die geplante Deckelung der Krankenhausbudgets durch die Bundesregierung sorgt für breite Kritik in der Region. Der Vorstand des Klinikums Fichtelgebirge, Alexander Meyer, hat gestern gemeinsam mit Landrat und Verwaltungsratsvorsitzendem Peter Berek einen eindringlichen Protestbrief an alle bayerischen Bundestagsabgeordneten versendet. Hintergrund ist ein Beschluss des Bundeskabinetts vom 15. Oktober 2025, der vorsieht, die Finanzierung der Krankenhäuser zu begrenzen, um Einsparungen bei den Gesetzlichen Krankenkassen zu erzielen.
„Diese Maßnahme gefährdet die medizinische Grundversorgung in ländlichen Räumen, wie bei uns, massiv“, warnt Vorstand Meyer (Foto). „Besonders betroffen ist das Klinikum Fichtelgebirge, das durch die geplante Budgetdeckelung mit einer zusätzlichen Finanzierungslücke von jährlich rund 1,2 Millionen Euro rechnen müsse – dauerhaft.“ Er erklärt: „Denn die vorgesehene Begrenzung des sogenannten Landesbasisfallwerts hat nicht nur einmalige, sondern strukturelle Auswirkungen auf zukünftige Budgetverhandlungen mit den Krankenkassen.
Der Landesbasisfallwert ist eine landesspezifisch festgelegte Pauschale, die den Preis für eine durchschnittliche Krankenhausbehandlung bestimmt. Er dient als Rechengrundlage für die Vergütung einzelner Behandlungsfälle.
Im Rahmen der jährlichen Budgetverhandlungen mit den Krankenkassen wird auf Basis dieses Wertes festgelegt, wie viele und welche Leistungen ein Krankenhaus im kommenden Jahr erbringen darf und in welchem Umfang es dafür vergütet wird.
Landrat Peter Berek betont: „Grundsätzlich ist es einfach nicht Aufgabe des Landkreises und der Kommunen, die Krankenhäuser zu finanzieren. Wir haben uns um die Trägerschaft und um den Betrieb zu kümmern, gerne auch um das eine oder andere Defizit. Die Grundfinanzierung ist Angelegenheit des Bundes und der Kostenträger. Insofern ist es geradezu perfide, nun die Stabilisierung der Krankenkassenfinanzen erneut auf Kosten der kommunalen Krankenhäuser und damit der Kommunen zu bewerkstelligen. Wenn das Defizit der Krankenhäuser weiter anwächst, geraten wir als Träger weiter in erhebliche Bedrängnis – mit spürbaren Folgen für die eigentlichen kommunalen Aufgaben wie Nahverkehr, Bildung oder Infrastruktur.“
Die Absender des Briefes weisen darauf hin, dass die geplanten Kürzungen dem Ziel der Bundesregierung widersprechen, mit einer umfassenden Krankenhausreform die stationäre Versorgung zukunftsfähig zu gestalten.
Erst vor wenigen Wochen hatte der Bund einen dringend benötigten Inflationsausgleich in Höhe von 4 Milliarden Euro für die Jahre 2022 und 2023 beschlossen. Nun sollen mit dem neuen Vorschlag jedoch wieder rund 1,8 Milliarden Euro eingespart werden – ein Schritt zurück, der laut Berek und Meyer den sogenannten „kalten Strukturwandel“ weiter verschärft.
Kritik üben die Verantwortlichen auch an der Art und Weise, wie die geplante Maßnahme umgesetzt werden soll: Die Kappung der Erlössteigerung sei „fachfremd“ in einem
Gesetzesentwurf zur Entbürokratisierung in der Pflege versteckt worden – ein Vorgehen, das aus Sicht des Klinikums intransparent und sachlich nicht nachvollziehbar ist.
Das Klinikum Fichtelgebirge fordert gemeinsam mit dem Landkreis Wunsiedel i. Fichtelgebirge die Bundestagsabgeordneten auf, sich in Berlin klar gegen den Gesetzentwurf zu positionieren. „Wir brauchen eine verlässliche Finanzierung, keine kurzfristigen Einsparmaßnahmen, die die medizinische Versorgung der Bevölkerung aufs Spiel setzen“, so Meyer.
Für Fragen zur praktischen Umsetzung und den Auswirkungen vor Ort steht das Klinikum den Abgeordneten gerne als Ansprechpartner zur Verfügung.
Der Brief in Wortlaut
Sehr geehrte/r Frau Bundestagesabgeordnete / Herr Bundestagsabgeordneter ……
das Kabinett der Bundesregierung hat in seiner Sitzung vom 15.10.2025 einen Vorschlag beschlossen, mit dem durch Kürzungen der Budgets der Krankenhäuser Einsparungen für die Gesetzlichen Krankenversicherungen ermöglicht werden sollen. Die bayerischen Landrätinnen und Landräte haben zwar großes Verständnis für den Wunsch der Bundespolitik, die Finanzlage der Gesetzlichen Krankenkassen zu stabilisieren, ohne gleichzeitig die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft durch eine Anhebung der Kassenbeiträge zu gefährden. Das darf aber keinesfalls auf dem Rücken der Krankenhäuser geschehen, denn damit wäre eine Verschiebung der Finanzierungslasten auf die Kommunen verbunden und die Existenz selbst sicherstellungsrelevanter Krankenhäuser gefährdet!
Zum Hintergrund: Erst vor wenigen Wochen ist der im Koalitionsvertrag der Bundesregierung vereinbarte und dringend erforderliche Inflationsausgleich für die Kliniken 2022 und 2023 in Höhe von 4 Mrd. Euro beschlossen worden. Dieser Ausgleich war von zentraler Bedeutung für das wirtschaftliche Überleben einzelner Krankenhäuser und damit letztlich für eine erfolgreiche Krankenhausreform. Wenn die Kliniken jetzt nur wenig später von dieser Sonderzahlung schon wieder ein Volumen von geschätzten 1,8 Mrd. verlieren sollen, treibt das den kalten Strukturwandel voran und gefährdet die Existenz selbst versorgungsrelevanter Krankenhäuser, gerade in den ländlichen Räumen!
Für unser Klinikum bedeutet die Deckelung einer möglichen Erhöhung des mit den Kassen zu verhandelnden Budgets eine zusätzliche Finanzierungslücke in Höhe von 1,2 Mio. Euro pro Jahr. Und dabei handelt es sich nicht um einen einmaligen Effekt, der in den nächsten Budgetverhandlungen wieder ausgeglichen werden könnte. Vielmehr wird mit der einmaligen Begrenzung der Steigerung des Landesbasisfallwerts die Berechnungsgrundlage für die zu verhandelnden Krankenhausbudgets dauerhaft gekürzt. Die sich daraus ergebenden Mindereinnahmen muss der Landkreis über Jahre hinweg ausgleichen!
Sie wissen, wie es um die Finanzlage unseres Landkreises bestellt ist. Die Ausgabensteigerungen in allen Bereichen bringen uns ohnehin schon an die Grenze der Leistungsfähigkeit. Wenn nun das Defizit unseres Krankenhauses nochmals erhöht wird, werden wir bei anderen kommunalen Aufgaben kürzen müssen – etwa beim Nahverkehr, bei Schulen oder der Infrastruktur. Oder wir müssen die Kreisumlage anheben, was die finanziellen Handlungsspielräume der kreisangehörigen Gemeinden belasten wird.
Wir bitten daher mit Nachdruck darum, sich auf Bundesebene dafür einzusetzen. Dass die von der Bundesregierung geplante Kappung der Erlössteigerung der Krankenhäuser, die völlig fachfremd im Gesetzesentwurf für ein Gesetz zur Befugniserweiterung und Entbürokratisierung in der Pflege vorgesehen ist, nicht beschlossen wird! Das Bundesgesundheitsministerium bzw. die Bundesregierung muss aufgefordert werden, die notwendigen Einsparungen zur Stabilisierung der Kassenfinanzen an anderer Stelle zu finden.
Für ein vertiefendes Gespräch zur Behandlung der Thematik stehen wir jederzeit zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Peter Berek / Alexander Meyer
selb-live.de – Presseinfo Klinikum Fichtelgebirge

