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theater selb9.12.2025 - Der Kulturausschuss der Stadt Selb hat in seiner jüngsten Sitzung grundlegende Weichen für die kulturelle Entwicklung der kommenden Jahre gestellt. Im Mittelpunkt standen die zukünftige Programmgestaltung des Rosenthal-Theaters, Präsentationen der Spielzeit 2026/2027 durch das Theater Hof und die Hofer Symphoniker sowie der Umgang mit rückläufigen Besucherzahlen. Die Sitzung machte deutlich, dass das Theater künftig stärker auf profilbildende Formate, ein klareres Angebot und einen spürbaren Mehrwert für das Publikum setzen will.

Theater Hof mit ausdifferenziertem Spielzeitentwurf – öffentliche Vorstellung ab Januar

Intendant Lothar Krause stellte dem Gremium die geplante Spielzeit 2026/2027 vor. Zwar dürfen einzelne Stücke erst Ende Januar der Öffentlichkeit vorgestellt werden, doch betonte Krause, das Programm, das so lediglich dem Kulturausschuss präsentiert wurde, sei breit, künstlerisch vielfältig und zugleich gesellschaftlich orientiert. Es solle Bekanntes mit Neuem verbinden, Unterhaltung mit Haltung verknüpfen und dadurch ein breites Publikum ansprechen. Eröffnet wird die neue Saison am 8. Oktober 2026.

Im Ausschuss an die Ausführungen herrschte Einigkeit darüber, dass die inhaltliche Vielfalt künftig wieder stärker jüngere Besuchergruppen erreichen müsse. Kritische Rückmeldungen zu früheren Spielplänen wurden intensiv reflektiert. Positiv aufgenommen wurde die Ankündigung, ein geplantes Musical erstmals nicht wie üblich an einem Donnerstag, sondern als ein bewusst gesetztes Signal zur Publikumsaktivierung an einem Samstag zu spielen.

 

Hofer Symphoniker mit programmatischer Mischung aus Klassik und Neuerkundung

Auch die Hofer Symphoniker präsentierten ihren Spielplan für 2026/2027. Intendantin Cora Bethke kündigte wesentliche Werke des klassischen Repertoires an, kombiniert mit mutigen, selten gehörten Stücken. Zum Auftakt sollen Werke von Emilie Mayer sowie Tschaikowskys 5. Sinfonie zur Aufführung kommen, interpretiert vom Gewinner des Internationalen Violinwettbewerbs Henri Marteau 2026.

Weitere Programmpunkte reichen vom Neujahrskonzert im Stil der „Goldenen Zwanziger“ bis hin zu einem Filmkonzert, das Filmmusik großer Klassiker wie E.T. oder Forrest Gump in den Mittelpunkt stellt. Mit Josef Špaček erhält die kommende Saison zudem einen international gefragten Fokuskünstler, der mehrfach in der Region zu erleben sein wird.

 

Tätigkeitsbericht: Lage stabil, jedoch mit deutlichem Entwicklungspotenzial

Aus dem Theaterbüro präsentierte Barbara Baumann den Jahresbericht des Rosenthal-Theaters. Die Auslastung der Spielzeit 2024/25 lag bei 38 Prozent und damit unter dem Niveau früherer Jahre. Das das Theater befinde sich zwar im geplanten Budgetrahmen, gezeigt habe sich jedoch ein anhaltender Rückgang im Abonnementbereich. Die Theaterabos bewegen sich je nach Vergleichszeitraum zwischen 20 bis 35 Prozent unter dem Niveau von 2017/18, die Konzertabos zwischen 26 und 43 Prozent. Seit 2023 ist eine vorsichtige Stabilisierung zu beobachten.

Eine wichtige Erkenntnis aus der INTHEGA-Sitzung: Nicht der Ticketpreis entscheidet über den Theaterbesuch, sondern die Attraktivität des Gesamtangebots. Die Besuchsbereitschaft ist vorhanden, wenn Programme Erlebnis, Einordnung und kulturelle Relevanz spürbar vereinen.

Baumann machte deutlich, dass das Theater in seinen Formaten breiter aufgestellt werden müsse. Das Publikum wünsche weniger Termine, dafür klarer profilierte Angebote – ein Ansatz, der im Ausschuss breite Zustimmung fand.

 

„Weniger ist mehr“

Für die Spielzeit 2026/27 kündigte Baumann folglich eine strategische Neuausrichtung an. Weniger Veranstaltungen, stärker flankiert, mit klarer dramaturgischer Linie – ein Konzept, das im Sinne einer fokussierten Wahrnehmbarkeit stehen soll. Statt vieler Einzeltermine möchte das Theater künftig Zielgruppenangebote schaffen, die Veranstaltungsbesuche bündeln, neue Erlebnisräume öffnen und Besuchergewohnheiten stärker berücksichtigen.

Zu den ersten öffentlich genannten Höhepunkten zählt das Gastspiel von Harald Schmidt und Volker Heißmann, das, wie andere Veranstaltungen zukünftig auch, mit einer Entfernungsklausel exklusiv für den Standort gesichert wurde. Generell sollen programmstarke Abende künftig bewusster gesetzt und mit Kulinarik, Themenabenden oder Sonderformaten begleitet werden.

Im Rahmen Neuausrichtung rückte Baumann zudem das Thema Jazz in den Fokus. Das Rosenthal-Theater tritt dem Bayerischen Jazzverband als Partnerhaus bei und positioniert sich damit bewusst als Bühne für Nachwuchstalente. Die Preisträgerinnen und Preisträger des renommierten Wettbewerbs, der jährlich im Umfeld des Kemptener Jazzfrühlings ausgetragen wird, gehen künftig auf bayernweite Gastspielreise. Selb ist einer der ausgewählten Veranstaltungsorte. Die Kooperation ermöglicht kostenschonende Programmgestaltung und eröffnet dem Publikum zugleich Zugang zu frischen musikalischen Handschriften, die sich zwischen Tradition, Improvisation und moderner Klangästhetik bewegen. Jazzformate wie Jazz-Frühshoppen oder spätere Late-Night-Konzerte sollen als wiederkehrende Bausteine weiterentwickelt werden und langfristig ein eigenständiges Publikum binden.

Als zusätzlicher Höhepunkt wurde das Schokoladenkonzert mit Christina Rommel hervorgehoben – ein Format, das Musik, Genuss und Bühnenerlebnis zu einem atmosphärischen Gesamtabend verbindet. Live zubereitete Schokolade, begleitet von einer achtköpfigen Rockband und Streichern, soll nicht nur klanglich, sondern auch sinnlich wirken und damit jene Erlebnisqualität erfüllen, die künftig stärker in der Theaterarbeit verankert werden soll.

Auch ein „Mädelsabend“ steht auf der Agenda. Er greift gesellschaftliche Rollenbilder humoristisch auf und soll jüngere Zielgruppen aktiv ansprechen.

 

Neue Formate, neues Selbstverständnis – Kultur als Erlebnisraum

Im Ausschuss wurde deutlich, dass Kultur künftig breiter verstanden und im Stadterlebnis verankert wird. Baumann stellte mehrere Formaterweiterungen vor, die bereits im Zuge des 600-jährigen Stadtjubiläums 2026 erprobt werden sollen. Dazu zählen Tanzabende im Ballettsaal der Musikschule, niedrigschwellige Begegnungs- und Mitmachangebote sowie ergänzende gastronomische Konzepte, die Veranstaltungen einrahmen und erweitern.

Kulturelle Räume sollen damit nicht mehr ausschließlich über klassische Theaterformen definiert werden. Vielmehr geht es darum, Kultur erlebbar zu machen - musikalisch, performativ, gesellig, spontan und modern verbreitbar, insbesondere über digitale Kanäle.

 

Das Rosenthal-Theater im Wandel

Die Sitzung zeigte: Selb will kulturell vorangehen, verankert im Bewusstsein einer veränderten Publikumslandschaft, getragen von dem Anspruch, Kultur als offenere, stärkere und zugleich wirtschaftlich nachhaltigere Struktur zu etablieren. Qualität und Fokus sollen künftig vor Quantität stehen. Die Richtung lautet nicht Schrumpfung, sondern Schärfung. Ein Resümee des Abends formulierte Oberbürgermeister Ulrich Pötzsch mit Blick auf Chancen und Mut zu Neuem: „Es geht darum, nicht das Gewohnte zu wiederholen, sondern Neues zu ermöglichen, Auslastung zu stärken und das Haus im Bewusstsein der Menschen erneut zu platzieren.“

 

Abos & Tickets

Das aktuell laufende Programm gibt es auf der offiziellen Website des Rosenthal-Theaters Selb sowie online hier im Ticketshop

selb-live.de – Michael Sporer, Foto: Stadt Selb

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