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leerstand selb 092411.9.2024 – Die Aufgaben sind komplex, die Herausforderungen groß. Das gerade auch, was die in den Sozialen Medien derzeit teils heftig diskutierte Entwicklung der Innenstadt betrifft. Das Selber Rathaus stellt sich den Veränderungen aber schon lange. Die richtigen Instrumente, um den Prozess gut zu begleiten, habe man bereits erarbeitet, Schwerpunkte werden gesetzt. Das erläutert Oberbürgermeister Ulrich Pötzsch…

Aktuelle Situation

„Wir stehen vor komplexen Aufgaben, denen wir uns aber schon immer stellen“, blickt Oberbürgermeister Ulrich Pötzsch aufgrund der aktuell geführten gesellschaftlichen Diskussion, insbesondere speziell auf das Thema Innenstadt bezogen. Die Veränderungen hier seien kein klassisches Selber Phänomen, sondern bundesweit zu beobachten. Auch Metropolen würde dies längst betreffen. Ein Hauptgrund hierfür sei ein verändertes Kaufverhalten. Vor allem der Internethandel habe den klassischen Einzelhandel in großen Teilen abgelöst. Nach Corona und den jüngsten Krisen habe sich die Entwicklung extrem verschärft und beschleunigt. Auch in Selb.

Der Selber Stadtrat aber habe sich schon frühzeitig mit den Veränderungen beschäftigt. So wurde im Jahr 2017 ein Masterplanprozess mit sehr starker Bürgerbeteiligung durchgeführt. Viele Erkenntnisse habe man daraus gewinnen können. Insbesondere attraktives Wohnen, gastronomische Angebote und bessere Aufenthaltsqualität in der Innenstadt seien gefragt.

 

Wie arbeitet die Stadt Selb

Es ist immer den Einzelfall zu betrachten. „Wir sind in der glücklichen Situation, in Selb mit einem starkem Personalpool uns diesen Fällen widmen können“, könne man seitens der Stadt Kleinunternehmern bis hin zu Großkonzernen allen zur Seite stehen und eine 1:1-Betreung gewährleisten. Gearbeitet werde nach einem 2-Säulen-System.

Säule 1: Gepflegt werde ein enger Kontakt zu Unternehmern und Privatleuten vor Ort. Viele Aufgaben können direkt über das Rathaus erledigt werden. Kurze Wege, schlanke Genehmigungsverfahren seien so möglich. „Der Kontakt zu allen, die in Selb etwas unternehmen möchten, ist sehr wichtig. Das ist eine intensive Aufgabe“, nennt Pötzsch als ein Beispiel von vielen das Engagement der Metzgerei Sandner, ein PublicViewing zur Fußball-EM zu veranstalten. „Wir sind in Selb in der glücklichen Lage, dass sich durchaus viele einbringen wollen und Themen auf die Straße bringen“, verweist er unter anderem auch auf die in den vergangenen Jahren eröffneten Cafés und der Gastronomie in der Innenstadt.

Überhaupt werde seitens der Stadt bei Ideen stets unterstützt. Die Begleitung des Unternehmers ist dabei häufig von der Suche nach geeigneten Räumen bis zum Thema Finanzierung immens und werde von der Öffentlichkeit nicht bemerkt. „Doch das ist ein großes Pfund als Stadt, dass wir so unterstützend zur Seite stehen können“, macht Wirtschaftsförderer Rainer Rädel deutlich.

Wichtig sei es aber auch, frühzeitig Informationen zu bekommen, um ggf. unter die Arme greifen zu können als auch Dinge für eine Veränderung vorzubereiten. Die angekündigte Schließung der Bäckerei Brunner sei aus Sicht der Stadt Selb eine Folge des veränderten Angebots der letzten Jahre. Dann kristallisiere sich der Markt, wie er sich verträglich macht. Ein ganz normaler Prozess, wenn wirtschaftliche Entscheidungen getroffen werden, wenngleich Schließungen natürlich niemanden gefallen würden. Rainer Rädel erklärt aber, wie wichtig eine frühe Info sei: „Hier konnten wir proaktiv in die Akquise gehen“, habe es bereits eine Besichtigung der Räumlichkeiten mit einem Interessenten für einen gastronomischen Betrieb gegeben, eine weitere Besichtigung mit einem anderweitigen Betrieb stehe in Kürze noch an.

Als „gut gelungen“ bezeichnet dazu Ulrich Pötzsch ein Projekt, das kommunale Anreize für Sanierungsvorhaben in der Innenstadt schafft. In den Jahren 2020 bis 2023 seien gesamt elf Anträge mit einem Gesamtvolumen von knapp 500.000 Euro unterstützt worden. Privatleute hätten damit in ihre Immobilien in der Innenstadt investiert und Wohnraum geschaffen.

Natürlich wolle man als Stadt auch eigene Ideen entwickeln. So könne man sich beispielsweise im Gebäude Marktplatz 1, in dem der Eigentümer aktuell elf moderne Wohnungen errichtet, in den Gewerbeeinheiten auch Gastronomie vorstellen. Wie hier, so wären laut geführten Gesprächen Hauseigentümer durchaus offen für Veränderungen. Natürlich wäre das häufig mit einem großen finanziellen Investment verbunden. Und letztendlich müssten die jeweiligen Akteure bis hin zu einem Betreiber natürlich zusammenpassen. „Bis dahin bedarf es viele Gespräche, doch ich hoffe, dass wir irgendwann einen Treffer dabei haben“, ist Rädel, der von rund 20 Prozent öffentlichen Fördergeldern bei Investitionskosten im Gastronomiebereich spricht, überzeugt, zumal er aus der Akquise für eine Nachfolge des Hallenbad-Restaurants mehrere Kontakte zu am Standort interessierten Gastronomen habe.

 

Säule 2: Konkret umgesetzt aus dem Masterplanprozess wurden in den vergangenen Jahren die Ludwigpassage und das Designcafé im „Spektrum Selb“. Die Überbauung des Bürgerparks wurde, wie bereits berichtet, neu an den Start bekommen. Hier wird die Stadtbücherei als neue Anlaufpunkt untergebracht.

Zwischenzeitlich beauftragt wurde ein Planungsbüro für die Sanierung der Ludwigstraße. Der Außenbereich soll neu überarbeitet und für mehr Aufenthaltsqualität sorgen. Der Stadtrat soll noch in diesem Jahr in die Lage gebracht werden zu entscheiden, welches Angebot in der zentralen Ludwigstraße geschaffen werden, als auch, wie die Straßen- und Wegegestaltung zukünftig aussehen soll. Eine Umsetzung ist dann in absehbarer Zeit vorgesehen.

Weiter investiert die Stadt in Immobilien in der Innenstadt. Acht Häuser wurden bislang aufgekauft. Diese sollen rein dem Stadtumbau der Zukunft dienen. Möglich, dass Käufer hiermit Wohnbauvorhaben nach Vorstellungen der Stadt realisieren. Doch auch könnte mit den Gebäuden, auf die man nun Einfluss habe, das Projekt „Neue Mitte“, weiter verfolgt werden und somit unter anderem Wegebeziehungen zwischen dem Outlet Center und der Innenstadt geschaffen und somit mögliche Kundenströme gelenkt werden.

In Sachen Wohnraum wurden nach und nach Grundstücke im Bereich der früheren Brauerei „Bürgerbräu“ (Obere Bergstraße) gekauft. Hier wird an eine Weiterentwicklung des „IQ Projekt“ am Otto-Keitel-Platz gedacht. Als Stadt habe man so nun entsprechende Voraussetzungen schaffen können. Mit unterschiedlichsten möglichen Partnern befinde man sich derzeit in Gesprächen.

Wichtig aus Sicht der Stadt sei es zudem, das VHS-Angebot als „ein großer Frequenzbringer“ weiter in der Innenstadt zu halten,

Erinnert wurde zudem an die Neuorganisation der Parkplatzsituation am Gerberplatz. So habe man das kulturelle Angebot des dortigen „Jungbrunnen“ unterstützen können. Begleitet werden dazu gerne ehrenamtliche Engagements wie das des Vereins „SelbKultur“.

 

Ausblick

Das Interesse an der Innenstadt sei weiterhin da. Das habe man erst kürzlich am neu eröffneten Supermarkt für arabische Lebensmittel sehen können. Auch eine Person aus Belgien, der Selb als Designstadt erkannt habe, möchte unbedingt in die Ludwigstraße, um hier ein Designangebot darzustellen.

 

Angekündigte Schließung Toom

Hier sieht sich die Stadt Selb in einer Vermittlerrolle. In Gesprächen zwischen Vermieter und Mieter habe man die Gründe der Konzernentscheidung näher erläutert bekommen. Auf wirtschaftliche Themen des Konzerns habe man zwar keinen Einfluss, unterstützen könne man jedoch bei praktischen/technischen Dingen, wie beispielsweise das Thema Radon. Könnten mehrere Bausteine, die zur angekündigten Schließung geführt haben, entkräftet werden, so ergibt sich vielleicht noch die Hoffnung, die Entscheidung zu überdenken. Parallel dazu arbeite man in Sachen Baumarkt aber auch an anderen Lösungen.

 

Outletentwicklung

„Wir können uns alle darüber ärgern, und das machen wir alle, auch ich, dass die Firma Munitor noch nicht soweit ist. Auch ich wünsche mir, dass wir da endlich zügig weiterkommen“, stelle man sich laut Ulrich Pötzsch dieser Aufgabe nahezu jeden Tag. Gerade für die Außendarstellung als auch eben als Frequenzbringer für die Innenstadt sei dies wichtig.

Er betont: Als Stadt habe man seine Hausaufgaben gemacht und in einem langwierigen Prozess alle rechtlichen Rahmenbedingungen geschaffen. „Man muss dabei verstehen, dass das eine einmalige Chance ist, die sonst keine Stadt in Deutschland hat. Nur Selb kann diese Baugenehmigung und die besondere Form der Verkaufsflächen anbieten!“ Rainer Rädel: „Diese konkrete baurechtliche Planung ist ein großes Pfund für die Innenstadt der Zukunft!“ Klar sei das in Selb ein sehr emotionales Thema, aber man dürfe nicht vergessen, welche große Chance damit geschaffen wurde. Es könnte quasi auch jemand anderes loslegen und Pläne umsetzen. Und Pötzsch erklärt, dass gerade zwei Handelsstandbeine vorne rangieren würden: Der Internethandel und der Outlethandel.

 

Botschaft

„Natürlich ist es erschreckend, dass sich zur Zeit Schließungen häufen. Gleichzeitig nehmen wir das Thema so ernst, dass wir den Prozess begleiten und uns der Aufgabe stellen“, erklärt Ulrich Pötzsch angesichts der öffentlichen Diskussion und den auch in nächster Zeit noch anstehenden Herausforderungen. Er bittet die Bevölkerung: „Wir sollten eines nicht tun: Selb schlecht reden. Es wäre auch nicht fair, ein falsches Bild nach außen zu schaffen, vor allem denjenigen gegenüber, die sich engagieren!“

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