Ist der legale Markt überreguliert?
20.3.2025 – Glücksspiel in Deutschland ist zumindest auf dem Papier ein streng reguliertes Geschäft. Theoretisch gibt es klare Regeln, sichere Anbieter und einen legalen Markt, der Spielern eine seriöse Umgebung bieten soll. Die Realität sieht anders aus: Immer mehr Menschen weichen auf illegale Angebote aus. Warum? Weil der legale Markt zwar existiert, aber an vielen Stellen so restriktiv ist, dass er für viele schlicht nicht mehr attraktiv ist.
Das ist ungefähr so, als würde man einen Freizeitpark eröffnen, dann aber die Achterbahnen auf Schritttempo drosseln, die Zuckerwatte verbieten und die Tickets nur nach einer 20-seitigen Registrierung verkaufen. Kein Wunder, dass sich einige lieber durch den Zaun zwängen und auf die „inoffizielle“ Kirmes nebenan gehen.
Was genau ist illegales Glücksspiel und warum boomt es?
Der Begriff „illegal“ klingt erst mal nach dunklen Gassen, zwielichtigen Hinterzimmern und Koffern voller Bargeld. Doch beim Online-Glücksspiel bedeutet es oft etwas viel Banaleres: Ein Anbieter, der zwar irgendwo auf der Welt lizenziert ist, aber eben nicht in Deutschland.
Konkret bedeutet das: Wer in Deutschland eine Lizenz besitzt, muss sich an strenge Regeln halten – Einzahlungslimits, Werbebeschränkungen, verpflichtende Identitätsprüfungen und Anbindung an das OASIS-System, um sich selbst vom Glücksspiel auszuschließen.
Anbieter mit einer Lizenz aus Malta oder Curaçao hingegen haben diese Auflagen nicht und bewerben beispielsweise offensiv die Vorteile der Casinos ohne OASIS Spielersperre. Und genau da wird es interessant. Denn während der deutsche Markt Spieler mit Regularien einengt, bieten ausländische Plattformen genau das, was viele suchen: Freiheit, höhere Einsätze und bessere Boni.
Das wird zum Problem, weil es auf diesen Plattformen keine Sicherheitsnetze gibt. Keine garantierten Auszahlungen, kein Spielerschutz, kein Weg zurück, wenn etwas schiefgeht. Wer dort Geld einzahlt, hat im schlimmsten Fall Pech gehabt. Trotzdem steigen die Nutzerzahlen illegaler Anbieter. Offensichtlich gibt es einen Grund, warum viele bereit sind, dieses Risiko einzugehen.
Warum treiben strenge Regeln Spieler in den Schwarzmarkt?
Die deutsche Glücksspielregulierung, die von der Politik über Jahre hinweg entwickelt wurde, funktioniert nach einem simplen Prinzip: Man passt die Regeln immer weiter an, um Spieler zu schützen. Das Problem? Irgendwann schützt man sie nicht mehr, sondern vertreibt sie.
Wer sich auf einem legalen deutschen Casino anmeldet, wird direkt mit Hürden konfrontiert. Erst mal ist da das monatliche Einzahlungslimit von 1.000 Euro. Klingt nach einer guten Idee für den Spielerschutz, doch was passiert mit Spielern, die gerne höhere Einsätze wagen? Sie gehen dorthin, wo es keine Limits gibt.
Dazu kommt das Spieltempo. Keine Autoplay-Funktion, eine fünfsekündige Zwangspause zwischen Spins – das mag aus Sicht der Behörden sinnvoll sein, sorgt aber in der Praxis dafür, dass sich viele Spieler wie in Zeitlupe fühlen. Und wer will schon Slots im Schneckentempo spielen, wenn es anderswo schneller geht?
Die Konsequenz: Der Schwarzmarkt wächst. Genau das ist in den Niederlanden passiert, nachdem dort strenge Restriktionen eingeführt wurden. Weniger Werbung, mehr Limits – und plötzlich schnellten die Nutzerzahlen illegaler Anbieter nach oben. Der deutsche Markt bewegt sich gerade in die gleiche Richtung.
Warum suchen so viele Spieler gezielt nach illegalen Glücksspiel-Websites?
Wer auf einer illegalen Seite landet, merkt es meist nicht und hat vermutlich nicht nach “illegales Online Casino” gegoogelt, sondern nach einem bestimmten Feature gesucht.
Es werden Anbieter angezeigt, die das bieten, was der legale Markt verweigert:
- Keine nervigen Wartezeiten zwischen Spins
- Keine strikten Einzahlungslimits
- Keine komplizierten Verifizierungsprozesse
- Stattdessen hohe Boni, Cashback-Programme und VIP-Belohnungen
Das nennt man dann Marktwirtschaft in ihrer reinsten Form: Wer das attraktivere Produkt hat, gewinnt. Und der legale Markt macht es den illegalen Anbietern gerade ziemlich leicht, sich als bessere Alternative zu präsentieren.
Das zeigt sich auch an der sogenannten Kanalisierungsrate – also dem Anteil der Spieler, die sich für legale Angebote entscheiden. In Deutschland liegt sie bei etwa 50 %, was nichts anderes bedeutet als: Die Hälfte der Spieler weicht auf illegale Plattformen aus. In Schweden dagegen, wo die Regeln flexibler sind, liegt diese Rate bei über 80 %. Offensichtlich kann Regulierung also auch anders funktionieren.
Welche Risiken gehen Spieler auf illegalen Plattformen ein?
Auf den ersten Blick wirkt der Schwarzmarkt verlockend – keine Limits, hohe Einsätze, schnelle Auszahlungen. Doch es gibt einen Haken. Mehrere, um genau zu sein:
- Erstens das Geld: Wer auf einer illegalen Plattform gewinnt, hat keine Garantie, dass er sein Geld auch bekommt. Viele unseriöse Anbieter sperren Konten einfach oder verweigern Auszahlungen mit fadenscheinigen Begründungen.
- Zweitens die Rechtslage: Während Spieler aktuell kaum strafrechtliche Konsequenzen fürchten müssen, sieht das bei Zahlungsanbietern anders aus. Es gibt bereits erste Maßnahmen, um Geldtransfers zu illegalen Casinos zu blockieren. Wer sein Geld dann nicht ausgezahlt bekommt, kann sich nirgends beschweren.
- Drittens der Datenschutz: Persönliche Daten landen auf Servern irgendwo auf der Welt. Wohin genau? Keine Ahnung. Wer sich hier mit seiner Bankverbindung oder Kreditkarte registriert, setzt darauf, dass der Anbieter vertrauenswürdig ist – ohne jede Kontrolle oder Absicherung.
Braucht Deutschland eine andere Glücksspielregulierung?
Die Absicht hinter der Regulierung über den Glücksspielstaatsvertrag 2021 ist gut – aber die Umsetzung hat Lücken. Man kann Spieler nicht zwingen, sich auf einem Markt zu bewegen, der ihnen nichts bietet. Zumindest nicht, wenn es Alternativen gibt.
Das Problem ist nicht, dass Glücksspiel reguliert wird. Sondern, wie es reguliert wird. Statt pauschale Limits für alle könnte ein individuelles System helfen, das Spieler anhand ihres Verhaltens bewertet.
Auch das Werbeverbot gehört auf den Prüfstand: Wenn legale Anbieter kaum sichtbar sind, während illegale Plattformen auf Google, YouTube und Twitch präsent sind, läuft offensichtlich etwas falsch.
Andere Länder haben gezeigt, dass es auch anders geht. Schweden setzt auf flexiblere Regeln, hat aber eine hohe Kanalisierungsrate. Die Schweiz sperrt konsequent illegale Anbieter und hält so den Schwarzmarkt klein.
Deutschland steht jetzt an einem Punkt, an dem eine Entscheidung getroffen werden muss: Setzt man auf eine Regulierung mit mehr Augenmaß oder akzeptiert man einen illegalen Markt, der immer weiter wächst?
Fazit: Strenge Regeln allein machen Glücksspiel nicht sicherer!
Was bringt eine Glücksspielregulierung, wenn sich die Hälfte der Spieler nicht daran hält? Genau das ist die zentrale Frage, die sich Deutschland stellen muss. Wenn die Regeln so restriktiv sind, dass Spieler lieber auf illegale Plattformen ausweichen, dann schützt man sie nicht – sondern schubst sie direkt in die Arme von Anbietern ohne Sicherheitsstandards.
Ein funktionierendes System braucht eine Balance. Also genug Schutzmaßnahmen, aber auch genug Freiheit, damit Spieler nicht in den Schwarzmarkt abwandern. Solange diese Balance nicht gefunden wird, wird die Suche nach illegalen Glücksspiel-Angeboten weitergehen und mit jeder neuen Einschränkung für legale Anbieter nur noch zunehmen.
selb-live.de – Presseinfo; Foto: unsplash