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bund natruschutz selb schoenwald 06217.6.2021 – Auf dem ersten Blick ist es ein Tälchen wie jedes andere. Doch für den Kenner zeigt sich hier ein kleines Schatzkästlein, südlich unterhalb des Wasserturmes auf dem Karrenbühl bei Oberweißenbach. Um den Erhalt eines im Fichtelgebirge ziemlich einzigartigen Naturraumes kümmern sich die Mitglieder der Ortsgruppe Selb des Bundes Naturschutz (BN).

Das Ergebnis ihrer Arbeiten – und der des Landesbundes für Vogelschutz (LBV) sowie der Unteren Naturschutzbehörde (UNB), die die benachbarten Biotope pflegen, zeigten die Artenkenner nun bei einem naturkundlichen Spaziergang.

Kleine Tümpel haben die Fachleute der UNB in der jüngsten Vergangenheit geschaffen – und in ihnen sprudelt das Wasser wie in kleinen artesischen Brunnen aus dem Boden. Dieses Vorkommen von Kalksilikat schafft einen Nährboden für ansonsten im granitenen Hufeisen sehr seltene Insekten- und Pflanzenarten.

Das Kalksilikatvorkommen ist in einem Flurnamen dokumentiert, die Weiße Höhe, welche auch dem danebenliegenden ehemaligen Gasthaus in Oberweißenbach seinen Namen gab. Das ist der Hügel, der sich jenseits der Staatsstraße und östlich der Straße nach Mittelweißenbach erhebt. Auch dort wachsen in einem Schluchtwald Laubbaumarten, die für das Fichtelgebirge relativ selten sind, wie Berg- und Spitzahorn, Esche und Linde.

Gegenüber hat die Naturschutzbehörde im vergangenen Jahr die Grundlage dafür schaffen lassen, dass sich hier wieder Wasser staut und die Moorbildung aktiviert wird. Bei den Arbeiten mussten die Landschaftspfleger feststellen, dass das Gelände vor vielen Jahren bis in eineinhalb Metern Tiefe drainiert, also fast trockengelegt worden war. Nachdem nun die Drainagen entfernt sind, entwickelt sich hier wieder die Natur in Richtung ihres Urzustandes zurück.

„Hier wachsen Pflanzen, die sonst im Fichtelgebirge nur äußerst selten vorkommen“, erläuterte Günther Heinrich den Spaziergängern. Und als Folge davon fühlen sich auch Tierarten wohl, deren Habitate zu verschwinden drohten. Ein Mann kennt diese in- und auswendig und fand beim Rundgang auch einige Exemplare vor: Biologe Jürgen Fischer zeigte den kleinen Blaupfeil, eine Libellenart, die diese Umgebung für ihre Fortpflanzung benötigt, das Wiesenvögelchen, einen kleinen Schmetterling, den kleinen Feuerfalter oder den Sandlaufkäfer. „Hier ist gerade eine Libelle dabei, ihr Revier abzufliegen“, schilderte Fischer die wohlgeplante Flugroute dieses faszinierenden Tieres.

Ein Stück weiter oben, in Richtung Selb und Staatsstraße, finden sich die seltenen Pflanzenarten, deren Lebensraum die Biotoppfleger der Ortsgruppe seit Jahren bewahren – allen voran das Breitblättrige Knabenkraut, eine prächtige lilafarbene Orchideenart. „Heuer stehen hier nicht so viele Exemplare wie in früheren Jahren“, stellte Günther Heinrich fest. In guten Jahren bildet sie bei Oberweißenbach regelrecht einen lilafarbenen Teppich. Grund dafür könnte die Wetterlage der vergangenen Wochen gewesen sein. Eine weitere Pflanze, die sich hier wohlfühlt, ist die kleine Bachnelkenwurz.

Von selbst tun dies die Pflanzen und Tiere aber nicht. Klaus Glinski mäht mit einigen Helfern seit Jahren das Grundstück des BN. „Würden wir das nicht tun, würde sofort die Verbuschung einsetzen und es entstünde hier schon in wenigen Jahren Niederwald – und die seltenen Pflanzen und Tiere hätten keinen geeigneten Lebensraum“, sagte Jürgen Fischer. Damit Insekten zumindest zu einem Teil wieder zurückkehren, brauchen sie Nahrung und Nistmöglichkeiten und das müssen Menschen schaffen, wie die Aktiven der BN-Ortsgruppe Selb. Vor Jahrzehnten geschah das durch die Bauern in einer kleinräumigen Bewirtschaftung. „Musealer Naturschutz“ nennt Jürgen Fischer diese Arbeiten.

„Früher ließen die Bauern das Gras länger stehen und das Heu blieb länger liegen – und dort konnten die jungen Insekten schlüpfen und aufwachsen. Heute machen die großen Maschinen alles platt.“ Und weil sich die Zeit nur zum Teil zurückdrehen lässt, sehen sich Naturschützer gefordert, möglichst viele kleine Bereiche zu erhalten, in denen sich mit ihrer Hilfe wieder in natürliche Lebensräume entwickeln kann. „Was wir hier im Großen sehen, trifft im Übrigen auch auf viele Privatgärten zu“, stellte Biologe Fischer fest. Er wünscht sich auch von immer mehr Haus- und Gartenbesitzern ein neues Bewusstsein: „Es ist Wahnsinn, was da teilweise noch gespritzt wird.“

Zweiter Faktor, der das Artensterben fördert, ist der Klimawandel und vordergründig die Trockenheit der vergangenen Jahre. „Zusammen mit dem Eintrag von Nährstoffen führt sie zum Tod jeden Hochmoores.“ Um deren Bestand im Fichtelgebirge kämpfen die Naturschützer seit Jahren. Damit ihr Kampf kein einsamer bleibt, hülfe aber nur eines: „Die Gesellschaft muss mit ihrem täglichen Verhalten entscheiden, ob sie das will – eine intakte Natur.“ 

bund natruschutz selb schoenwald 0621Foto: Kleine Tümpel als Bestandteil eines Biotopverbundes, des Landesbund für Vogelschutz, der Unteren Naturschutzbehörde und des Bund Naturschutz schaffen neues Leben bei Oberweißenbach: Fachleute vom Bund Naturschutz erklärten beim Spaziergang das Biotop im dortigen Niedermoor.

selb-live.de – Presseinfo Bund Naturschutz OG Selb/Schönwald

 

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