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2.4.2016 – Wie kommt es, dass der deutsche Dichterfürst Johann Wolfgang von Goethe bis heute in Böhmen sehr verehrt wird und sogar mitten in Asch eine Statue von ihm zu bewundern ist, die genauso wie eine Luther-Statue auch die deutschfeindlichen Exzesse zum

Kriegsende überstanden hat. Was bedeuten die drei Fische im Wappen der Stadt und welche Orte und Gegenden gehören überhaupt zum Ascher Land? Auf solche und viele weitere Fragen gab es nun kompetente Antworten im Rahmen eines Vortrags von Dr. Jürgen Maier in Erkersreuth. Rund 50 Zuhörer verfolgten gespannt wie gebannt die Ausführungen des Mediziners und Hobbyhistorikers, der auf Einladung der Kirchengemeinde Erkersreuth/Selb-Plößberg im Gemeindesaal referierte.

 

„Die Kirchengemeinde Erkersreuth hat traditionell enge Verbindungen ins Ascher Land. Heute gehören ja auch die sogenannten Ascher Dörfer zu unserer Kirchengemeinde“, sagte Pfarrer Dr. Jürgen Henkel, der den Abend moderierte, bei seiner Begrüßung. Dr. Jürgen Maier betonte eingangs: „Die Beschäftigung mit dem Ascher Land zeigt, wie eng politische Geschichte, Kultur-, Wirtschafts- und Kirchengeschichte zusammenhängen. Und Böhmen weckte immer schon großes Interesse auf deutscher Seite. Das zeigen auch die Reisen von Goethe.“

erkersreuth selb 04161Die geographische Beschaffenheit des Ascher Landes ist schon einmal anders als in Selb. „Asch liegt höher, es gibt mehr Muldenbildung in der Landschaft und der von Lage, Landschaft und Klima begünstigte Laubwald beherrscht das Bild“, wie Maier ausführte, der seine höchst anschaulich und vergnüglich dargebotene Darstellung mit zahlreichen aktuellen Fotos und auch historischen Abbildungen unterlegte und dokumentierte. Er nahm seine Zuhörer mit auf eine informative und unterhaltsame Reise durch das „Ascher Land in Geschichte und Gegenwart“, wie es auch der Titel des Vortrags angekündigt hatte.  

Maier holte über die Jahrhunderte weit und profund aus und zeigte auch die geschichtlichen Hintergründe auf von den Grundherren und Adelsfamilien vor Ort wie den Zedwitzern und Lindenfelsern über die Habsburger und den Einfluss der Deutschen im Ascher Land bis zur Gegenwart. Er ging dabei auch auf Entwicklungen ein in der Mentalität der Nachbarn jenseits der Grenze etwa in der Wahrnehmung der Vertreibung und der umstrittenen Benesch-Dekrete: „Früher brachten Leute noch Blumenschmuck an das Benesch-Denkmal in Asch. Heute hat sich die Einstellung verändert. Viele haben mittlerweile erkannt, dass die Vertreibung ein Unrecht war und für Tschechien große Nachteile gebracht hat.“

Manche Orte seien bis heute „gewüstet“, vielerorts habe die Bevölkerung um über fünfzig Prozent abgenommen. Dabei sei Böhmen zeitweise das reichste „Kurfürstenland“ im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation gewesen. Die kirchliche Landschaft sei nach der Reformation gespalten gewesen. Wobei Asch seither mehrheitlich evangelisch war. Maier zeigte unter anderem Bilder der alten 1960 unter ungeklärten Umständen abgebrannten evangelischen Stadtkirche, der Gemeindegebäude und auch von Pfarrer Pavel Kucera, der dort „in einem höchst schwierigen Umfeld rührige und sehr engagierte Arbeit leistet“.

Maier macht weiter deutlich: „Asch war früher eine reiche und blühende Stadt, die evangelische Stadtgemeinde von Asch und die Kirche mit ihren 3000 Sitzplätzen waren größer als die Gemeinde von Selb und die Andreaskirche. Heute gibt es nur noch rund 500 evangelische Gemeindeglieder im ganzen Ascher Land.“ Er zeigte Bilder unterschiedlicher evangelischer wie katholischer Kirchen und Kapellen. Vieles sei heute wieder hergerichtet. Manches auch mit EU-Geldern. Dort gebe es dann auch deutsche Beschriftung. Wichtig seien für das konfessionelle Zusammenleben die „Pragmationspunkte“ von Kaiserin Maria Theresia von 1775 gewesen, die eine weitreichende Religionsfreiheit für Böhmen und das Ascher Land festgehalten hatten.

Ein Überblick in Wort und Bildern zu den Orten, die zum Ascher Land gezählt werden, Anekdoten wie die amourösen Abenteuer von Jean Paul im Ascher Land, die Bedeutung von Wappen und ein Beispiel für die Ascher Tracht, die sich deutlich von der Tracht im Raum Eger unterscheidet und eher vom Vogtland beeinflusst war, bildeten weitere Themen des Vortrags.

Immer wieder ging Maier auch auf die Landbewirtschaftung mit viel Flachs für Leinen sowie die Wirtschaftsentwicklung mit hochwertiger Papierproduktion und den Boom in der Textilindustrie ein. Er hielt fest: „Es gab zu Höchstzeiten rund 14.000 Beschäftigte in der Textilindustrie in Asch und Umgebung. Das war mehr als je in Selb in der Porzellanindustrie.“ Mit dem Zusammenbruch des Absatzmarktes nach dem Ende des Habsburger Reiches brach dieser Industriezweig zusammen, nachdem zuvor wertvolle Stoffe sogar für Saris in Indien produziert wurden.

Wie Dr. Maier bei seinem Vortrag bei der Kirchengemeinde Erkersreuth weiter darlegte, herrsche derzeit im Ascher Land durchaus Aufbruchsstimmung. „Es hat sich viel entwickelt, historische Stätten, Kirchen, Kapellen und öffentliche Gebäude wurden saniert, auch Privatleute sanieren ihre Häuser und viele Wohnblocks aus kommunistischer Zeit sind heute bunt und wirken fröhlich. Und die Wirtschaft zieht auch an. Neue Firmen sind entstanden. Es herrscht eine optimistische Grundstimmung.“

Als Aufgabe für die Menschen beider Seiten sieht er das friedliche Zusammenwachsen über die Grenzen hinweg: „Wir müssen aufeinander zugehen und Vertrauen aufbauen. Das kriegt man nicht geschenkt. Das ist eine mühevolle Aufgabe, aber die Begegnungen bieten bereichernde Erlebnisse.“ Nach dem Vortrag gab es eine rege Diskussion und so manche Anekdote wurde ausgetauscht, sind doch manche Gemeindeglieder in Selb selbst von der Herkunft her oder familiär bis heute mit dem Ascher Land eng verbunden.

 

selb-live.de – Presseinfo

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